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Ausstellung von Wolfgang Müllner und Martin Breindl im Photoatelier Setzer-Tschiedel im Rahmen von eyes on - Monat der Fotografie Wien, 17.-27.11.2016

Wolfgang Müllners Fotografien sind verschiedenste Ansichten vom Meer, wie man sie von zahlreichen Urlaubsfotografien kennt. Der Horizont, durch den das Wasser von der Luft getrennt wird, befindet sich immer in der Mitte. Nun ist aber auf den Bildern exakt das nicht zu sehen, was man sich erwarten dürfte: keine majestätische Wogen, kein dramatisches Wolkengetürme. Müllner nimmt die dem jeweiligen Bild eingeschriebene Farbinformation und errechnet daraus die Durchschnittwerte der Farbzusammensetzung von Meer und Himmel. Mit diesen beiden Werten überschreibt er in monochromen Flächen das ursprüngliche Motiv, das solcherart an die Ränder des Bildes zurückgedrängt wird, dass es nur noch als „Passepartout“ einer neuen Form der Interpretation des selben Wirklichkeitsausschnittes dient. Diese mutet vielleicht abstrakt an, ist jedoch in dem Sinn konkret, da dem Bild nichts Fremdes hinzugefügt wurde: alles was darauf zu sehen ist, war schon von Anbeginn vorhanden.

Martin Breindl beschreibt in seinem Grafikzyklus Die Sehnsucht nach dem Meer (konkrete Version) exakt die selben Motive wie Müllner, und zwar wörtlich. Eine imaginäre Horizontlinie schneidet die zwei übereinander liegenden Worte HIMMEL und MEER entzwei und konstruiert sie neu. Schritt für Schritt konkretisiert Breindl diese Abbildung, indem er die gleiche Methode auf Aggregatszustände (LUFT und WASSER) und Spektralwahrnehmung derselben (BLAU und BLAU) anwendet, wobei quasi nebenbei letztere noch als Spiegelung enttarnt wird.

Im Zusammenspiel von Müllners und Breindls Arbeiten lösen sich die Grenzen zwischen Foto und Grafik spielerisch auf. Erstaunlich ähnlich erscheinen die – voneinander völlig unabhängig entstandenen – Darstellungsmethodiken. Was für Müllner die Vielzahl an Meeresansichten, ist für Breindl die Variation der Sprachen. Systematisiert und schablonisiert werden beide – und verweisen damit auf eine Weltwahrnehmung, die zunehmend durch eine Automatenwahrnehmung, von Industriestandards und –normen durchsetzt, geprägt wird.

Martin Breindl, März 2016